Amazon Global Logistics vs. klassische Spedition: Vorteile, Grenzen und Tipps für Seller

Der internationale E-Commerce boomt – doch für viele Amazon-Verkäufer bleibt die grenzüberschreitende Logistik eine der größten Herausforderungen. Unterschiedliche Frachtanbieter, komplexe Zollverfahren und lange Lieferzeiten können nicht nur teuer werden, sondern auch das Wachstum ausbremsen.
Mit Amazon Global Logistics (AGL) bietet Amazon eine eigene End-to-End-Lösung für den internationalen Versand an: Vom Abholen der Ware beim Hersteller über die Zollabwicklung bis hin zur Lieferung an ein Amazon-Lager läuft alles über ein zentrales System – direkt integriert ins Seller Central.
Doch was genau steckt hinter dem Angebot? Welche Vorteile bietet AGL gegenüber klassischen Speditionen? Und lohnt sich der Dienst für Ihr Geschäft? In diesem Beitrag erfahren Sie, wie Amazon Global Logistics funktioniert, für wen der Service geeignet ist – und welche Chancen (aber auch Grenzen) dieser Logistikanbieter mit sich bringt.
Überblick: Leistungsangebot von Amazon Global Logistics
Was ist Amazon Global Logistics?
Amazon Global Logistics (AGL) ist Amazons eigene Transportlösung für internationale Lieferketten. Der Service richtet sich gezielt an Amazon-Seller, die ihre Ware aus Produktionsländern – meist in Asien – direkt in ein Amazon-Fulfillment-Center in Europa, den USA oder anderen Zielmärkten versenden möchten.
Im Gegensatz zu klassischen Spediteuren oder Freight Forwardern bietet AGL einen vollständig integrierten Prozess: Sie buchen, verwalten und verfolgen Ihre Sendung direkt über das Seller Central. Amazon kümmert sich um die Abholung, den Frachttransport (See oder Luft), die Zollformalitäten und die finale Zustellung. So reduzieren Sie nicht nur die Komplexität und den Kommunikationsaufwand, sondern erhalten auch eine durchgängige Fulfillmentlösung – von der Fabrik bis ins Amazon-Lager.
Welche Leistungen umfasst Amazon Global Logistics?
Amazon Global Logistics bietet eine Reihe von standardisierten und optionalen Services, die individuell kombiniert werden können:
Die technische Integration erfolgt dabei direkt im Seller Central, über das die Buchung, die Dokumentenverwaltung und das Echtzeit-Tracking erfolgt. Auch automatische Updates zur Zollfreigabe, der Frachtbewegung und der Anlieferung sind dort einsehbar. Kostenübersicht und Rechnungsstellung sind ebenfalls direkt im System abrufbar. Mit Amazon Global Logistics erhalten Seller also eine standardisierte Lösung, die viele manuelle Schnittstellen eliminiert – und das zu wettbewerbsfähigen Preisen.
Vorteile für Amazon-Seller
Für Amazon-Seller bietet Amazon Global Logistics eine ganze Reihe praktischer und strategischer Vorteile – insbesondere im Vergleich zu herkömmlichen Speditionsleistungen:
Kurz gesagt: AGL ist besonders attraktiv für Marktplatz-Verkäufer, die ihre Lieferkette effizienter gestalten, internationale Expansion vorantreiben oder sich auf das Wesentliche konzentrieren wollen – nämlich den Verkauf.
Funktionsweise von Amazon Global Logistics

Amazon Global Logistics ist so konzipiert, dass Seller mit möglichst wenig Aufwand internationale Lieferungen steuern können. Der gesamte Prozess lässt sich in sechs zentrale Schritte unterteilen:
Geografische Abdeckung & Expansion
Amazon Global Logistics wurde ursprünglich für Importe aus China und Hongkong in die USA entwickelt – und genau dort liegt bis heute der Schwerpunkt des Angebots. Doch seit der Einführung hat Amazon das Programm schrittweise auf weitere Regionen ausgeweitet, um internationalen Händlern mehr Flexibilität und Reichweite zu bieten. Natürlich geschieht dies nicht aus reiner Nächstenliebe: Der Service trägt maßgeblich dazu bei, den Verkaufsprozess auf den Marktplätzen zu vereinfachen und damit das Angebot für den Kunden zu erweitern.
Heute können Händler aus mehreren wichtigen Produktionsländern wie China, Indien, Vietnam oder Thailand Waren in verschiedene wichtige Amazon-Marktplätze versenden – darunter die USA, Kanada, das Vereinigte Königreich, Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und Japan. Besonders gut ausgebaut sind die Routen zwischen Ostasien und Nordamerika sowie Europa. Dadurch kann Amazon standardisierte Laufzeiten, regelmäßige Abfahrten und eine transparente Preisgestaltung bieten, was die Planungssicherheit für Onlinehändler deutlich verbessert.
Die geografische Expansion ist jedoch längst nicht abgeschlossen. Amazon investiert kontinuierlich in neue Transportwege, Zollkapazitäten und lokale Partnernetzwerke, um künftig auch Südamerika, den Nahen Osten oder Teile Afrikas besser anzubinden. Darüber hinaus ermöglicht AGL durch seine Integration mit Programmen wie „Amazon Warehousing & Distribution“ (AWD) oder „Supply Chain by Amazon“ eine deutlich effizientere Verteilung innerhalb der Zielmärkte – ganz ohne externe Drittlogistiker.
Seller mit Ambitionen, international zu skalieren, können neue Märkte schneller und risikoärmer erschließen, ohne eine eigene komplexe Infrastruktur aufbauen zu müssen.
Zukünftige Entwicklungen
Amazon Global Logistics ist längst mehr als ein einfacher Versandservice – es ist Teil von Amazons größerer Vision einer vollständig integrierten, globalen Lieferkette. Und genau hier zeichnen sich spannende Entwicklungen ab, die für Amazon-Verkäufer künftig noch mehr Potenzial bieten.
Ein klarer Trend ist die geografische Expansion: Amazon arbeitet daran, AGL in weiteren Produktionsländern nutzbar zu machen – etwa in Südostasien, Indien und Lateinamerika. Ziel ist es, Seller noch unabhängiger von chinesischen Lieferketten zu machen und die globale Streuung der Warenströme zu fördern. Auch in den Zielmärkten wird das Netzwerk ausgebaut, etwa durch zusätzliche Zollkorridore und Partnerschaften mit regionalen Behörden.
Zugleich wird Amazon Global Logistics stärker mit anderen Programmen verzahnt – allen voran mit „Supply Chain by Amazon“. Seller könnten schon bald nicht nur den internationalen Transport, sondern auch Lagerung, Bestandsverteilung und Nachschubmanagement aus einer Hand steuern. Amazon entwickelt hier ein geschlossenes System, das nahezu jeden Aspekt des physischen Handels abdeckt – von der Fabrik bis zur letzten Meile.
Ein weiterer Fokus liegt auf Technologie und Automatisierung. Amazon investiert massiv in den Einsatz von Künstlicher Intelligenz, etwa zur Routenoptimierung, Vorhersage von Zollzeiten oder zur dynamischen Bündelung von Sendungen. Auch der Einsatz autonomer Fahrzeuge, Roboter und möglicherweise sogar Drohnen (z. B. für Lagertransporte) ist Teil der langfristigen Strategie. Diese Entwicklungen sollen nicht nur die Effizienz erhöhen, sondern auch zu kürzeren Laufzeiten und niedrigeren Kosten führen.
Schließlich rückt auch das Thema Nachhaltigkeit stärker in den Fokus. Amazon testet bereits CO2-reduzierte Transportlösungen, setzt verstärkt auf Elektrofahrzeuge in der Nahverteilung und entwickelt Konzepte für emissionsärmere See- und Luftfrachtoptionen. Seller, die auf umweltbewusste Logistik Wert legen, könnten davon in Zukunft direkt profitieren – sowohl im Branding als auch bei regulatorischen Anforderungen.
Amazon will und wird AGL weiter ausbauen – mit dem Ziel, Händlern eine vollautomatisierte, globale Lieferkette bereitzustellen, die so nahtlos funktioniert wie Amazons Frontend. Für Seller ergeben sich daraus neue Chancen, aber auch eine wachsende Abhängigkeit vom Amazon-Ökosystem – ein Punkt, der strategisch bedacht sein will.
Herausforderungen & Grenzen
So attraktiv Amazon Global Logistics auf den ersten Blick auch wirkt – der Service ist nicht für jeden Händler automatisch die beste Lösung. Wie bei jeder zentralisierten Plattform gibt es Einschränkungen, die Sie kennen sollten, bevor Sie sich vollständig darauf verlassen.
Ein zentrales Thema ist die regionale Verfügbarkeit. Auch wenn der Konzern sein AGL-Netzwerk ausweitet, sind viele Produktionsländer und Zielmärkte derzeit noch nicht oder nur eingeschränkt angebunden. Wer beispielsweise in Afrika produziert oder auf kleineren Märkten verkaufen will, muss unter Umständen auf externe Logistiklösungen zurückgreifen.
Ein weiterer Punkt ist der Cashflow: Zwar sind die Frachtraten oft wettbewerbsfähig, doch Amazon verlangt in der Regel Vorauszahlungen für Transporte. Für kleinere Seller oder schnell wachsende Marken kann das die Liquidität belasten – insbesondere bei langen Seewegen mit wochenlanger Kapitalbindung.
Auch in puncto Flexibilität stößt AGL an Grenzen. Spezialisierte Anforderungen wie temperaturgeführte Transporte, empfindliche Waren oder bestimmte Verpackungsvorgaben lassen sich nicht immer problemlos abbilden. Wer maßgeschneiderte Logistiklösungen benötigt, ist unter Umständen bei einem spezialisierten Spediteur besser aufgehoben.
Nicht zuletzt bringt die tiefgreifende Integration ins Amazon-Ökosystem eine gewisse Abhängigkeit mit sich. Verkäufer, die AGL nutzen, überlassen Amazon nicht nur den Verkauf, sondern zunehmend auch die gesamte physische Infrastruktur – inklusive Transport, Lagerung und Distribution. Das schafft Effizienz, birgt aber auch Risiken, etwa bei plötzlichen Policy-Änderungen, Gebührenanpassungen oder Marktveränderungen.
Wettbewerb & Marktposition
Mit Amazon Global Logistics positioniert sich Amazon nicht nur als Marktplatzbetreiber, sondern zunehmend auch als globaler Logistikkonzern. Die Strategie ist klar: Amazon will als sogenannter „Integrator“ auftreten – also als Anbieter, der sämtliche Glieder der Lieferkette selbst kontrolliert und verknüpft. Damit tritt Amazon in direkte Konkurrenz zu etablierten Logistikdienstleistern wie DHL Global Forwarding, DB Schenker, Maersk oder Flexport.
Ein zentraler Wettbewerbsvorteil von AGL liegt in der Skalierung: Amazon bewegt weltweit Millionen von Sendungen – und kann durch diese Volumen besonders günstige Frachtkonditionen aushandeln. Diese Vorteile gibt Amazon teilweise an Seller weiter, was klassischen Speditionen zunehmend Marktanteile kostet – insbesondere im KMU-Segment.
Zudem punktet Amazon mit der nahtlosen Systemintegration: Während viele Freight Forwarder eigene Plattformen oder externe Tools nutzen, ist AGL direkt im Seller Central eingebunden. Das reduziert die Komplexität und vereinfacht die Buchung, das Tracking und die Dokumentation erheblich.
Nicht zu unterschätzen ist auch Amazons Datenmacht. Durch die Verbindung von Verkaufs-, Bestands- und Logistikdaten kann Amazon langfristig bessere Prognosen erstellen, Sendungen konsolidieren und Lieferketten effizienter steuern als traditionelle Anbieter.
Allerdings: Viele Seller schätzen an klassischen Logistikpartnern deren Beratungskompetenz und die individuelle Betreuung – etwas, das AGL bislang nur begrenzt bieten kann. Auch der persönliche Kontakt zu Ansprechpartnern vor Ort ist bei Amazon selten vorgesehen.
Fazit & Empfehlungen

Amazon Global Logistics ist ein starker Baustein in Amazons wachsendem Fulfillment-Ökosystem – und bietet Seller eine attraktive Möglichkeit, ihre internationale Lieferkette deutlich zu vereinfachen. Wer regelmäßig Waren aus Asien oder anderen Produktionsregionen in Amazon-Lager schicken muss, kann mit AGL Kosten sparen, Prozesse verschlanken und von Amazons Infrastruktur profitieren.
Besonders für kleine und mittlere Händler, die nicht über eigene Logistikstrukturen oder Agentennetzwerke verfügen, kann AGL ein echter Hebel sein: weniger Koordinationsaufwand, transparente Preise, alles aus einer Hand. Auch für Marken mit Wachstumsambitionen oder neuen Marktzielen ist Amazon Global Logistics eine interessante Lösung.
Dennoch gilt: Der Service ist kein Allheilmittel. Die begrenzte regionale Abdeckung, fehlende Individualisierungsmöglichkeiten und die hohe Abhängigkeit vom Amazon-System sollten strategisch mitgedacht werden. Für Seller mit komplexeren Logistikanforderungen oder starkem Multi-Channel-Fokus kann ein hybrides Setup – also AGL plus spezialisierter Logistikpartner – der bessere Weg sein.
Empfehlung: Testen Sie Amazon Global Logistics mit einer einzelnen Sendung oder einem kleineren Produktportfolio. Beobachten Sie, wie sich Lieferzeiten, Kosten und interner Aufwand verändern – und vergleichen Sie aktiv mit bestehenden Dienstleistern. So können Sie datenbasiert entscheiden, ob AGL für Ihre Marke ein Vorteil oder eher eine Einschränkung darstellt.
In jedem Fall ist klar: Wer langfristig erfolgreich auf Amazon verkaufen will, kommt an professioneller Logistik nicht vorbei. Und Amazon Global Logistics ist dabei ein Werkzeug, das – richtig eingesetzt – einen echten Unterschied machen kann.
Wann AGL sinnvoll ist – und wann nicht
Kriterium | Amazon Global Logistics (AGL) | Klassischer Spediteur / Freight Forwarder |
Unternehmensgröße | Kleine bis mittelgroße Amazon-Seller ohne spezielle Anforderungen | Mittelgroße bis große Seller mit komplexen Anforderungen |
Verkaufskanäle | Fokus auf Amazon FBA | Multi-Channel (z. B. eigener Shop, B2B, andere Marktplätze) |
Logistik-Erfahrung | Wenig Erfahrung oder begrenzte eigene Logistik-Infrastruktur | Eigene Supply-Chain-Abteilung oder langjährige Logistikpartner |
Produktionsländer | China, Indien, Vietnam, ausgewählte Routen nach Europa & USA | Weltweite Ursprünge, inkl. Afrika, Südamerika, Osteuropa etc. |
Versandvolumen | Kleine bis mittlere Volumina (z. B. LCL, gelegentliche FCL) | Große Sendungen, regelmäßige Containerbuchungen |
Flexibilität / Sonderanforderungen | Standardisierte Prozesse ausreichend | Individuelle Services nötig (z. B. Kühlketten, Sonderverpackungen) |
Servicebedarf | Self-Service über das Seller Central ausreichend | Wunsch nach persönlicher Betreuung und individueller Beratung |
Cashflow-Situation | Vorauszahlungen möglich und finanzierbar | Zahlungsziele, Finanzierung durch Spediteur gewünscht |
Abhängigkeit von Amazon | Gewollt oder akzeptabel | Unabhängigkeit gewünscht, Nutzung mehrerer Distributionskanäle |
Skalierung | International wachsen – primär über Amazon | Eigene Markenstrategie, Unabhängigkeit von Plattformen geplant |
Zusammengefasst: AGL ist ideal für Marktplatz-Verkäufer, die schlanke Prozesse, planbare Routen und eine enge Amazon-Integration wünschen. Wer dagegen mehr Kontrolle, individuelle Services oder Multi-Channel-Logistik benötigt, fährt mit einem klassischen Spediteur meist besser.
Häufig gestellte Fragen
Amazon Global Logistics ist ein Versandservice von Amazon, mit dem Seller internationale Fracht – insbesondere aus Asien – direkt an ein Amazon-Fulfillment-Center liefern lassen können.
AGL reduziert Logistikaufwand, bietet transparente Preise, integrierte Zollabwicklung und eine direkte Anbindung ans Seller Central – ideal für Seller, die ohne externe Spediteure arbeiten wollen.
Aktuell sind u. a. die USA, Kanada, das Vereinigte Königreich, Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und Japan als Zielmärkte verfügbar – bei Versand aus China, Indien oder Vietnam.
Die Kosten hängen vom Volumen, der Route und der Versandart ab. Amazon zeigt die Preise direkt im Seller Central an – meist sind sie wettbewerbsfähig, da Amazon Großvolumen bündelt.
AGL bietet Seefracht (LCL/FCL) und teilweise Luftfracht an – je nach Herkunftsland und Zielmarkt.
AGL eignet sich besonders für Händler mit Amazon-Fokus, die regelmäßig aus Asien importieren. Wer individuelle Anforderungen oder Multi-Channel-Strategien verfolgt, ist mit klassischen Spediteuren oft flexibler.
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